Dienstag, 5. Januar 2010

Den ganzen restlichen Tag hockte ich im verqualmten Café und wartete gespannt auf erste Hinweise aus dem Labor. Zu meinem Entsetzen traf aber nie ein Anruf bei mir ein. „Diese verdammte Polizei“, sagte ich zu mir, leider in einer Lautstärke, dass plötzlich alle Blicke der Cafébesucher auf mich gerichtet waren. Wie peinlich, dachte ich, ging hinaus und rannte den kurzen Weg zum Polizeirevier. Vor dem Eingang zum Hauptgebäude erkannte ich Polizist Neumeier, den ich schon im Tatoogeschäft kennengelernt hatte. Seine stämmige Figur verriet ihn schon von weitem. Ich eilte zu ihm und fragte, ob es irgendwelche wichtigen Erkenntnisse aus dem Labor gab. Er beteuerte nichts zu wissen und verschwand durch die Glastür ins Gebäude. Eine Weile blieb ich noch stehen und schaute zu wie er verschwand. Anhaltspunkte, das war das, was ich jetzt dringendst benötigte. Und ich dachte an die Frau, deren Leben ich aufs Spiel gesetzt hatte, nur um eine kubanische Zigarre genüsslich zu rauchen. Die Bilder der verstorbenen Frau schwirrten mir im Kopf herum, so real, als stände ich immer noch am Tatort. Doch bevor mich die Trauer gänzlich zerfrass, glaubte ich den Anhaltspunkt gefunden zu haben. Natürlich, wie dumm ich nur war, etwas derartig nahegelegenes zu übersehen. Aufgeregt sprang ich zwischen der Glastür hindurch ins Gebäude, in der Hoffnung, dass sich Herr Neumeier noch nicht in Luft aufgelöst hatte. Zum Entsetzen aller anderen tuschierte ich dabei eine etwa 30cm hohe Orchidee mit prächtigen rosa Blüten, die noch bis vor ein paar Augenblicken auf der Kommode neben dem Eingang stand. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag starrten mich alle an. Doch diesmal waren es die Angestellten. Eine kreischende junge Dame hinter einem hölzernen Pult hatte sich wohl besonders erschrocken und forderte ihre Kollegen auf mich festzunehmen. Zum Glück war Neumeier noch in einem Gespräch mit dem Chef der Kripo verwickelt. Ohne weiter auf die Beiden einzugehen, streckte ich das Handy entgegen.“Was ist das?“, fragte der Chef sichtlich erschrocken über meine plötzliche Präsenz. „Ein Handy, sagte ich höflich, und zwar nicht irgendein gewöhnliches Handy, sondern das, der ermordeten Frau. „Aha“, brachte der Chef hervor, der mir seine Hand entgegenstreckte, in der Hoffnung ich würde es ihm geben. Wieder so eine dämliche Antwort, dachte ich und machte mir ernsthaft Gedanken, wie viel Geld er wohl bezahlen musste um ein so hohes Tier bei Polizei zu sein. Schliesslich wollte ich noch wissen, ob die liebe Polizei in der Lage sei, das Kennwort des Handys zu entziffern. Es könnte uns wichtige Hinweise liefern, die noch im Verborgenen liegen. „Na klar“, sagte er, dritte Türe links.“ Ich folgte seinem Ratschlag und trat hinein.“Hallo“, sagte eine warme Herrenstimme, König, Herr König ist mein Name, zuständig für Entschlüsselungen. Und Sie sind“? „Detektiv Franklin. Ich ermittle zurzeit im Fall Chorufski. Schauen Sie, ich habe nicht viel Zeit, könnten Sie den Code dieses Handys so rasch wie möglich entschlüsseln? Es gehörte der verstorbenen jungen Dame.“ „Kein Problem“, versicherte der Polizist. Ein Meister seines Faches muss er sein, dieser Herr König, denn es dauerte keine Viertelstunde bis ich es wieder zurückbekam.
Zurück im Detektivbüro entfachte ich das Feuer des Cheminéeofen und schlürfte an einer Tasse Lindentee. Denn das Wetter war kalt, zu kalt für diese Jahreszeit. Mit dieser scharfsinnigen Erkenntnis setzte ich mich an den Arbeitstisch und durchstöberte die unzähligen Nachrichten, die noch auf dem Handy gespeichert waren. Nach einer Weile erkannte ich, dass alle SMS denselben Absender vorweisten. Also rief ich der unbekannten Person an, ohne zu wissen, was mir blühte wenn ich an die falschen Leute gelangen würde. „Dobre den Svetlana“, krächzte die Person am anderen Ende der Leitung ins Telefon. Trotz beschränkter Russischkenntnisse verstand ich, dass Svetlana guten Tag gewünscht wurde. Darauf erwiderte ich in Russisch:“ Ich nicht Svetlana. Svetlana tot. Ich Ermittler.“ Am anderen Ende schien nun die Hölle los zu sein. Zahlreiche Stimmen sprachen wie Schüler bei langweiliger Unterrichtsstunde wild durcheinander, als plötzlich eine aufgebrachte Stimme ans Telefon drang. Es war eine Frau und sie sprach fliessend Deutsch. Ich war erleichtert. So höflich wie ich bin, nannte ich meinen Namen und beteuerte abermals Detektiv zu sein und nicht der Mörder oder etwas ähnliches, was sie zunächst nicht glauben wollte. Als sie schlussendlich doch noch mein Vertrauen gewonnen hatte, konnte ich endlich mit der wohl allerwichtigsten Frage loslegen:“ Wer sind sie eigentlich?“ „ Oh Entschuldigung“, sagte die Dame, die nun wahrscheinlich etwas errötet war. „Ich bin vom russischen Geheimdienst SWR.“ Mein Mund stand jetzt sperrangelweit offen. Nervös stand ich auf und wandelte ziellos im Raum umher. Die Frau fuhr weiter. Agentin Chorufski hatte die Aufgabe dem grössten Schenkkreismord der Geschichte von Russland auf die Schliche zu kommen. Womöglich führte er in ihre Region…in den Tattooladen, wie ich unwillkürlich dachte.
Es ergab alles einen Sinn. Die Agentin liess sich ein Tattoo stechen um im Laden nach Informationen zu sammeln, die für eine Verhaftung notwendig gewesen wären. Doch nun war sie tot und ihre Peiniger weg.

2 Kommentare:

  1. Diese Aufgabe habt ihr wirklich toll gelöst!

    Ausser dass es ein paar unlogische Stellen beinhaltet, doch es ist praktisch unmöglich, alles logisch zu gestalten.

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  2. Wirklich gut geschrieben. Vorallem die Wortwahl gefällt mir. ;)

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